Wirtschaftlichkeit und Finanzierbarkeit eines neuartigen Konzepts sind auch im Bereich der Service-Robotik die wichtigsten Faktoren für die Investitionsentscheidung eines potenziellen Anwenders – und nicht etwa ein nur schwer zu beziffernder zusätzlicher Nutzen wie Anwendungskomfort oder Arbeitsentlastung. Die Studie „Wirtschaftlichkeitsanalysen neuartiger Servicerobotik-Anwendungen und ihre Bedeutung für die Robotik-Entwicklung“ (EFFIROB), die von den Fraunhofer-Instituten für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) und für System- und Innovationsforschung (ISI) im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) vorgelegt wurde, wirft einen realistischen Blick auf Marktchancen und Forschungsbedarf für den Einsatz innovativer Serviceroboterlösungen in unterschiedlichen Zielmärkten und Branchen. Ein selbst entwickeltes Analysetool ermöglichte den Forschern nicht nur die marktnahe Bewertung der exemplarischen Szenarien. Zusätzlich konnten auf dieser Basis auch grundsätzliche Schlussfolgerungen für weitere Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen abgeleitet werden.
Martin Hägele, Leiter der Abteilung Robotersyteme des Fraunhofer IPA, und der Projektleiter des Kompetenzzentrums Industrie- und Serviceinnovationen am Fraunhofer ISI Oliver Kleine haben in der Analyse von elf neuartigen Anwendungen aus sieben Zielmärkten – darunter Pflegedienstleistungen, Landwirtschaft, Energie- und Wasserwirtschaft, Logistik, Gebäudemanagement und Produktion – ingenieurwissenschaftliche und betriebswirtschaftliche Methoden zusammengeführt. Nicht allein das technisch Machbare, sondern das wirtschaftlich Umsetzbare und die Interessen und Bedarfe der Anwender sollten im Mittelpunkt stehen. Mit der lebenszyklusorientierten Kostenanalyse (LCC), die neben den Anschaffungsaufwendungen insbesondere auch die ebenfalls anfallenden Personal- und Wartungskosten über den gesamten Einsatzzeitraum in die Rechnung miteinbezieht, wolle man die dafür notwendige Bewertungsgrundlage schaffen und darüber hinaus die Diskussion in Gang bringen, erläutert Oliver Kleine.
Damit Serviceroboter wirtschaftlich attraktiver werden, sollte man sich nach Ansicht der Autoren der Studie daher nicht nur primär mit einer Reduzierung der Anschaffungskosten auseinandersetzen – insbesondere, da diese in der Regel weniger als ein Viertel der Lebenszykluskosten ausmachen. Erfolgsversprechender scheint in diesem Zusammenhang eher die Verringerung der Betriebs- und Wartungskosten zu sein, beispielsweise durch Entwicklung robusterer und technisch weniger komplexer Lösungen. Darüber hinaus sollte berücksichtigt werden, dass eine gute Wirtschaftlichkeit in der Praxis nicht notwendiger Weise mit einer automatischen und vollen Ausschöpfung der Marktpotenziale verbunden ist.
In vielen der betrachteten Märkte erscheinen insbesondere die fehlenden Finanzierungsmöglichkeiten der Serviceroboter durch die Endanwender als Hindernis. Hägele und Kleine appellieren deshalb an die Roboterhersteller, gleichzeitig auch über neue Geschäftsmodelle nachzudenken, die explizit auch ein Finanzierungselement enthalten beispielsweise durch solche, bei denen die Anwender nur für die bereitgestellte oder in Anspruch genommene Leistung bezahlen und nicht die gesamte Anlage finanzieren müssen.
Dank der Forschungsanstrengungen der vergangenen Jahre ist schon heute eine große Vielfalt an mechatronischen Schlüsselkomponenten für die Entwicklung neuer Servicerobotik-Lösungen verfügbar. Handlungsbedarf sieht Martin Hägele dagegen bei der Senkung der Software-Entwicklungskosten: Hierfür müssten anwendungsübergreifende und wiederverwendbare Software-Komponenten innerhalb standardisierter System-Architekturen entwickelt werden, um die Kosten zu senken. Konkrete Forschungsdesiderate hat die Studie schwerpunktmäßig auf den vier Technologiefeldern Wahrnehmung, Navigation, Manipulation und Mensch-Maschine-Interaktion identifiziert, damit Serviceroboter Objekte und Umgebung besser erkennen, sich sicherer im Raum wiederfinden und bewegen und Werkstücke und Alltagsobjekte schneller und differenzierter greifen und sicher und effizient mit dem Menschen zusammenarbeiten können.
Vor allem die Verbesserung des Zusammenspiels von Mensch und Roboter beispielsweise durch neue Sicherheitskomponenten hat großen Einfluss auf die effiziente und kostengünstige Einsetzbarkeit von Servicerobotern und für ihre bessere Akzeptanz durch die Nutzer, ist Martin Hägele überzeugt. Auch das BMBF als Auftraggeber der Studie sieht hier primären Handlungsbedarf. „Es gibt viel Technik, die in den Markt könnte und sollte“, erläuterte Ingo Ruhmann als zuständiger Fachreferent die Motivation des BMBF für die Beauftragung der Studie. Man habe wissen wollen, welche Forschungsgebiete die größte Hebelwirkung für Marktgängigkeit haben, um Fördermittel gezielt einsetzen und die „Nutzer- und Anwenderwelt in die Diskussion“ zu bringen.
Im Forschungsministerium hat man nicht zuletzt die Unterstützung des Menschen im privaten Umfeld, etwa für die alternde Gesellschaft, im Blick. Branchenexperten sehen hier ebenfalls einen starken Fokus. Dass die Robotik insgesamt noch große Wachstumspotenziale hat und gerade bei der Servicerobotik in zahlreichen Branchen gewaltige Entwicklungsmöglichkeiten stecken, zeigen nicht zuletzt die Zahlen des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA). Die deutsche Robotik- und Automationsindustrie habe ein „starkes Comeback“ hingelegt und mit zweistelligen Zuwachsraten seit dem Krisenjahr 2009 den Umsatzrekord von 2008 schon fast wieder erreicht, berichtet Thilo Brodtmann, Geschäftsführer VDMA Robotik + Automation. Weltweit sind nach Zahlen der International Federation of Robotics (IFR) mehr als die Hälfte der inzwischen 77.000 gewerblichen Serviceroboter im militärischen Bereich und in der Landwirtschaft im Einsatz; Reinigungs-, Medizin- und Unterwasserroboter folgen erst mit großem Abstand. Für den Zeitraum 2010 bis 2013 rechnet der Fachverband mit einer Verdoppelung der eingesetzten Systeme.
Die Studie „Wirtschaftlichkeitsanalysen neuartiger Servicerobotik-Anwendungen und ihre Bedeutung für die Robotik-Entwicklung“ (EFFIROB) kann unter http://www.ipa.fraunhofer.de/index.php?id=33 heruntergeladen werden.
Leseranfragen:
Fraunhofer-Institut
für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA)
Hubert Grosser M.A. (Pressesprecher)
Nobelstraße 12
70569 Stuttgart
Tel. 0711-970-1667
Fax 0711-970-1400
presse(at)ipa.fraunhofer.de
PresseKontakt / Agentur:
PresseKontakt / Agentur:
edutech media -
text | redaktion | öffentlichkeitsarbeit
Postfach 10 38 08
70033 Stuttgart
Tel. +49 (0) 711 - 860 25 42
Fax +49 (0) 711 - 860 25 43
mobil +49 (0) 177 - 592 81 12
edutech(at)gmxpro.de
Anmerkungen:
Kontakt-Informationen:
Firma: eduTech media
Ansprechpartner:
Stadt:
Telefon:
_CSF_KEYWORDS:
Verlinkung-Tipps:
Direkter Link zu dieser Meldung:
Über einen Link auf Ihrer News-, Presse- oder Partner-Seite würden wir uns sehr freuen.
Diese Pressemeldung bookmarken bei...