(Serrig, 11.03.2008) Drei von fünf Fertigungsbetrieben haben nach einer Studie der FELTEN GmbH in ihren Produktionsprozessen weniger als 85 Prozent der Leistungspotenziale ausgeschöpft. In nahezu jedem dritten Unternehmen liegt die Effizienzquote sogar deutlich darunter. Der Geschäftsführer des Softwarehauses, Werner Felten, skizziert aus seiner Beratungserfahrung heraus die typischen Ursachen in der Praxis:
Statt aussagefähiger Kennzahlen besteht meist nur eine gefühlte Transparenz. Produktionsabläufe weisen typischerweise eine hohe Komplexität mit einer Vielzahl an Leistungsfaktoren auf, die sich zudem auch noch gegenseitig beeinflussen. Ohne so genannte Key Performance Indicators (KPI) können Entwicklungen weder solide beurteilt werden, noch lassen sich dann optimale Entscheidungen treffen. Dieser Logik verschließen sich allerdings noch viele Fertigungsunternehmen, indem sie sich im Produktionsmanagement auf partielle Eindrücke und weitgehend gefühlte Bewertungen verlassen, statt die inzwischen ausgereiften Methoden der Maschinen- und Betriebsdatenerfassung zu nutzen. Als Konsequenz bleiben Schwächen entweder unkorrigiert oder erweisen sich Optimierungsmaßnahmen als nur begrenzt wirksam, weil sie mangels genauer Kenntnis der strukturellen Probleme relativ nebulös angelegt sind.
Störungen in der Produktionslogistik werden im Rückspiegel betrachtet: Die heutigen Wettbewerbsverhältnisse verlangen eine Produktionslogistik, die auf einen hohen Auslastungsgrad der gesamten Ressourcen, kurze Durchlaufzeiten sowie geringe Bestände und eine bestmögliche Termintreue abzielen muss. Dies erfordert eine auftragsgerechte Planung und Steuerung, die den jeweiligen Fertigungsablauf in seinen Maschinenzuständen, Auftragsstati usw. in Echtzeit abbildet, aber auch mögliche Störungen unmittelbar offenlegt. Die Realität ist in vielen Fertigungsunternehmen jedoch noch eine andere, weil mangels entsprechender Manufacturing Execution Systeme (MES) die steuerungsrelevanten Informationen oft erst mehrere Tage später vorliegen. Angesichts der verzögerten Wahrnehmung mangelt es zwangsläufig an Möglichkeiten, zeitnah steuernd in die Prozesse einzugreifen.
ERP- und PPS-Systeme versagen meist bei den heutigen Flexibilitätsansprüchen: Besonders wenn eine hohe Planungskomplexität mit einer großen Anzahl an Produkten und Produktionsstufen besteht und gleichzeitig kurzfristige Dispositionsentscheidungen getroffen werden müssen, wird die Flexibilität zu einem äußerst erfolgskritischen Moment. Dieser Situation versuchen Unternehmen durch PPS-Lösungen bzw. dedizierte Funktionen von ERP-Systemen gerecht zu werden, obwohl sie für die längerfristigen Planungen konzipiert sind und für kurzfristige Entscheidungen kein ausreichend taugliches Mittel darstellen. Dadurch sind Veränderungen in den Produktionsprozessen jeweils mit zu hohen Reaktionszeiten und damit wirtschaftlichen Nachteilen verbunden. Lösbar ist dieses Problem allein über MES-Lösungen als Werkzeuge für die Feinplanung der Produktion.
Kein ausreichendes Zusammenspiel von Produktions- und Geschäftsprozessen: In mehr als zwei Drittel der Unternehmen in den Fertigungsbranchen fehlt es nach der FELTEN-Studie noch an einer harmonischen Abstimmung zwischen den Produktionsprozessen auf der einen Seite und den betriebswirtschaftlich orientierten Geschäftsabläufen auf der anderen Seite. Ohne eine ausgeprägte Integration lassen sich die Leistungspotenziale nach Meinung der Befragten jedoch nicht optimal ausschöpfen. Dass Effizienzreserven bislang nicht genug aktiviert wurden, wird von ihnen sogar hauptsächlich diesem Umstand zugeschrieben. Insofern besteht hier ein erheblicher Handlungsbedarf, der sich aber nicht nur auf die Einführung von MES als Middleware zwischen Produktions- und Business-Prozessen beschränken darf. Vielmehr muss ein solcher Schritt auch einbeziehen, ein auf Integration ausgerichtetes Selbstverständnis zu entwickeln.
Produktions- und IT-Management haben vielfach noch keinen Schulterschluss vollzogen: Während die IT-Abteilungen der Fertigungsunternehmen typischerweise vor allem in einer ERP-Welt leben, richten die Produktionsverantwortlichen ihr Augenmerk insbesondere auf Lösungen für die unmittelbare Unterstützung der Fertigungsprozesse. Gleichzeitig fehlt es ihnen an ausgeprägten IT-fachlichen Kompetenzen, um auf gleicher Augenhöhe mit den Kollegen der Informationstechnik diskutieren zu können, während umgekehrt kein ausreichendes Verständnis der Fertigungsprozesse besteht. Das Problem: Ohne eine gemeinsame Sprache und kooperativen Schulterschluss lassen sich die Effizienzreserven in den Produktionsprozessen nur begrenzt aktivieren.
Bei den Investitionen besteht ein zu starker Fokus auf ERP-Systeme: Der unterschiedliche Fokus von Produktions- und IT-Management schlägt sich auch in der Akzentuierung der konkreten Investitionsplanungen nieder. So erfahren beispielsweise nicht selten MES-Vorhaben des Produktionsmanagements vom IT-Bereich nur eine geringe Unterstützung oder werden sogar von ihm blockiert. Und dies nicht unbedingt nur vor dem Hintergrund, dass die IT-Verantwortlichen zusätzlichen Aufwand durch eine komplexere Software-Landschaft erwarten, sondern auch, weil sie die Anforderungen ausreichend im ERP-System abgebildet glauben. Daraus resultiert jedoch eine erhebliche Gefahr der Fehlinvestition.
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