Obwohl Deutschland in der Weltrangliste der Automobilherstellerländer noch in diesem Jahr aus den Medaillenrängen absteigen wird, ist die aktuelle Situation der deutschen OEM & Lieferanten grundsätzlich und mittelfristig gefestigt. Aufbauend auf dem stabilen Niveau der aktuellen Pkw Produktion von etwa 5 500 000 Einheiten pro Jahr bedeutet dies allein für den innerdeutschen Pkw- Fahrzeugbau, etwa 7 000 000 Tonnen an Teilen, Komponenten, Flüssigkeiten, Verbundstoffen zu produzieren, zu kaufen, zu veredeln, zu lagern, zu steuern, zu verwalten und durch mehrfaches Handling einschließlich des Leerbehälterhandlings über die gesamte Lieferkette zu bewegen. Reichweitenkennzahlen geben Auskunft Betrachtet man neben den Megatrends der Automobilzulieferer die bekannten Trends der Wertschöpfungsverlagerung vom OEM zum Lieferanten und dies reduziert auf das Thema Bestand, so geben Reichweitenkennzahlen einen deutlichen Hinweis darauf, wohin die Reise geht. Wir konnten als Ergebnis aus laufenden Projekten und geführten Interviews mit Entscheidern aus der Branche nachfolgende Reichweiten feststellen:
-OEM Werksbestand
(buchhalterisch):
1,2 bis 2,0 Arbeitstage
- 0,5 - 1st Tier (buchhalterisch):
8,0 bis 15,0 Arbeitstage
-2nd – n-Tier (buchhalterisch):
15,0 bis 30,0 Arbeitstage.
Der Begriff buchhalterisch soll in diesem Zusammenhang und vor allem unter dem Aspekt, den free Cashflow zu erhöhen, besonders hervorgehoben werden. Der Trend Konsignation in Kombination mit VMI in der Verbindung mit LLZ, Business Malls und Zulieferparks
unterstreicht die Strategie, Teile und Komponenten zum spätesten Zeitpunkt zu verrechnen und via Gutschriftsverfahren zu begleichen. Unter der Berücksichtigung, dass später immer
später wird, also nach Fertigstellung des qualitätsgeprüften Fahrzeuges?, der Anlieferung beim Vertragshändler?, der Übergabe an den Kunden?, der Zahlung durch den Kunden?, wird das Bestandsrisiko auf die Folgestufen übertragen.
Den Druck des Kunden weiterzugeben, löst das Problem nicht
Den Druck auf die nächsten Stufen weiterzugeben, löst das eigentliche Problem
– Pufferbestände – nicht. Frei nach dem Motto: „Was du nicht willst, dass man dir tut, das tu auch nicht, was willst du hier?!“, müssen andere Ansätze gefunden werden. Unter dem Druck steigender Rohstoff- und Energiepreise sind diese Machtmaßnahmen (häufig)
kontraproduktiv, da die Eigenkapitalquote im Mittelstand bekanntermaßen mit etwa 30 Prozent vergleichsweise niedrig ist und die Kosten, einen neuen Lieferanten aufzubauen, vergleichsweise hoch sind. Erfolgversprechende Ansätze können nur dort sein, wo die reichlich vorhandenen Puffer insgesamt, also unter Betrachtung der Lieferkette, gesenkt
werden. Dazu gibt es weiterhin hohe Reserven nach innen und in der Verbindung mit Lieferanten und Kunden nach außen.
Einige Aussagen zu den bekannten Methoden und deren Umsetzung
- Produktionssysteme sind seit Jahren
bei den großen Lieferanten mehr
oder weniger konsequent mit entsprechend
mehr oder weniger großem
Erfolg im Einsatz.
-Kollaboration wird häufig synonym mit dem Begriff EDI verwendet.
-Planung beschränkt sich auf Rechenalgorithmen die top down weitergereicht werden und deren Zuverlässigkeit sich durch Änderungen im Tagesgeschäft auch innerhalb von Fixierungshorizonten bemerkbar machen. Die zuvor getroffenen Aussagen weisen auf das eigentliche Dilemma hin.
-Das Bündel der Maßnahmen ist bekannt.
-Erprobte Optimierungsansätze zur Erhöhung der Ausbringung, Senkung der Kosten, Flexibilität in der Fertigung und zur Senkung von Beständen sind im Überfluss vorhanden.
Unsere Erfahrung aus einer Vielzahl von Supply-Chain- Beratungsprojekten bestätigen, dass die Ansatzpunkte bekannt, aber aus den verschiedensten Gründen nicht oder nicht konsequent umgesetzt werden.
Ansatzpunkte und Maßnahmen
Mit der nachfolgenden Liste wollen wir in Ergänzung zu den oben genannten großen Themen weitere Hebel zur Optimierung der Lieferkette und damit zur Senkung der Pufferbestände in Erinnerung bringen:
-Bereichsinteressen transparent machen/ abwägen, ganzheitliche Entscheidung, keine Suboptima.
-Bestandsoptimierung als zentrale Aufgabe/Funktion (funktions- und unternehmensübergreifend).
-Prozesse standardisieren und harmonisieren.
-Flexibilisierung Prozesse und Kapazitäten.
-Abstimmung Beschaffung, Produktion, Absatz.
-Klare Regeln zu Make-or-Buy-Entscheidungen.
-Wahl geeigneter Dispositionsstrategien für unterschiedliche Teileklassen inklusive permanentes Monitoring der Klassen (Kennzahlen-Systematik).
-Postponement-Strategien zur Verschiebung der notwendigen Bestände auf Lagerstufen in einer frühen Wertschöpfungsphase mit weniger Varianten.
-Kollaboration als ereignisgesteuerten, konstanten Informationsaustausch Prozess über die Supply Chain installieren.
-Supply Chain Management als gemeinsames Management von Beständen.
Umsetzung von modernen Konzepten JIT/JIS, Crossdocking, VMI. In Verbindung mit den strategischen Zielen und zur Visualisierung und Einschätzung der durchzuführenden Aktionen und deren Potenziale hat IPL den Bestandsaktionswürfel entwickelt, der in den verschiedenen Ebenen:
-Aktionen
-Vorgehensweise
-Funktionen & Methoden sowie die erwarteten Ergebnisse anschaulich darstellt und damit die Projektpriorisierung vereinfacht
Fazit
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die bekannten Methoden, konsequent umgesetzt, in jedem Fall hohe Einsparungspotenziale für die beteiligten Unternehmen generieren können. Die Erfahrung von IPL aus der Automobilindustrie zeigt aber auch, dass
es nicht an der Vielfalt der Methoden und deren Verwendung in den Unternehmensstrategien mangelt, sondern an der konsequenten Umsetzung und Integration in das operative Tagesgeschäft.
Leseranfragen:
IPL - Institut für Produktions- und
Logistiksysteme Prof. Schmidt GmbH
Heinrich-Barth-Straße 32
66115 Saarbrücken
Tel: +49 - (0) 6 81-9 54 31 26
Fax: +49 - (0) 6 81-9 54 31 99
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