NSK - Montage von Wälzlagern: Auf die Sauberkeit kommt es an
Ein winziger Partikel von nur 5 µm Durchmesser kann den Ausfall eines Präzisionswälzlagers verursachen. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar ist 60 µm dick, ein Staubkorn hat einen Durchmesser von etwa 25 µm und Zigarettenrauch besteht aus 6 µm großen Partikeln. So klein die Partikel auch sein mögen, bergen sie doch ein hohes Gefährdungspotenzial für Wälzlager. Deshalb muss bei der Produktion der Lager – fast wie bei der Elektronikproduktion – ein hohes Maß an Reinheit gewährleistet sein. Dies ist gleich doppelt wichtig, denn selbst wenn die Verunreinigungen keine Ausfälle hervorrufen, so beeinträchtigen sie doch die Leichtlaufeigenschaften der Lager und ihre Funktionalität bei niedrigen Drehmomenten.
Generell unterscheidet man drei wesentliche Kategorien von Kontaminationen, die die Leistung bzw. die Lebensdauer von Wälzlagern beeinträchtigen können. Es gibt Verunreinigungen, die über die Luft eingetragen werden, im Montageprozess übertragene Verschmutzungen und Schmutz, der von außen ins Wälzlager eindringt. Zur ersten Kategorie gehören z.B. Fasern, Metallspäne und anderer Abrieb sowie gasförmige Verschmutzungen. Unter übertragenen Verschmutzungen versteht man Verunreinigungen aus fremder Quelle, die z.B. über die Hände des Montagepersonals, über Arbeitsflächen, Werkzeuge oder Verpackungen ins Lager gelangen. Bei der dritten Kategorie, dem ins Wälzlager eingedrungenen Schmutz, handelt es sich um Unreinheiten, die über verschmutzte Lösemittel oder Schmiermittel ins Lager eingetragen wurden.
Viele Verschmutzungsquellen
Neben diesen drei Hauptverschmutzungsquellen gibt es weitere Verunreinigungen, an die man häufig nicht direkt denkt. Dazu gehören Feuchtigkeit, Fingerabdrücke, die das Montagepersonal beim Handling verursacht, verunreinigtes Schmierfett und Zigarettenrauch, der – auch wenn man es kaum glauben mag – nicht nur die menschliche Lunge schädigt, sondern auch das Innenleben von Wälzlagern. Denn die genannten Verunreinigungen sind entweder abrasiv oder korrosiv und reduzieren somit die Leistung und/ oder die Lebensdauer des Wälzlagers.
Die Aufgabe, die Reinheit der Lager zu gewährleisten, beginnt in dem Moment, in dem man die Schutzverpackung öffnet. Deshalb sollte man diese letzte Verpackungsschicht erst dann entfernen, wenn die Lager tatsächlich montiert werden sollen und nachdem die Arbeitsfläche sowie die Umgebung des Einbauraums sorgfältig gereinigt wurde. Wenn sie ausgepackt sind, sollten die Wälzlager nur mit sauberen, trockenen, talk- und faserfreien Handschuhen angefasst werden.
Dies ist um so wichtiger, als Unverträglichkeiten zwischen den Handschuhen und Reinigungsflüssigkeiten zu Verunreinigungen führen können, die sich bei der Handhabung und Montage auf die Lager übertragen. Wenn es sich bei den Lagern um Präzisionslager z.B. für Messinstrumente handelt, sollte man sogar jegliche Berührung mit Handschuhen vermeiden und statt dessen eine (entsprechend reine) Pinzette verwenden.
Das Gebot der Reinheit gilt natürlich nicht nur für die Wälzlager selbst, sondern auch für die Arbeitsbereiche, die Aufbewachung, Werkbänke, Werkzeuge, Halterungen und Gehäuse. Ein makelloser Arbeitsbereich mit guter Beleuchtung, gut organisierter Werkzeugablage, sauberen Behältern für Kleinteile und geeignete Befestigungs- bzw. Spannvorrichtungen gehören zu jedem Arbeitsplatz, an dem mit Präzision gearbeitet wird und an dem Wälzlager montiert werden.
Es versteht sich von selbst, dass Essen und Trinken am Arbeitsplatz oder in der Nähe davon untersagt ist. Auch das Rauchen sollte dort nicht erlaubt sein, wo Wälzlager montiert oder ausgetauscht werden. Ebenso sollte darauf geachtet werden, dass die Montage von Wälzlagern weit entfernt von Arbeitsplätzen der mechanischen Bearbeitung (Schleifen, Fräsen, Bohren…) stattfindet, durch die ebenfalls Kontaminationen ins Lager eingetragen werden könnten.
Eine weitere Restriktion betrifft die statische Elektrizität und andere physikalische Kräfte, durch die die Stahlringe und –kugeln bzw. –rollen der Wälzlager magnetisiert werden könnten. Wenn dies geschieht, besteht das Risiko, dass feinste Metallpartikel aufgrund der magnetischen Anziehungskräfte ins Gehäuse gelangen. Wenn die Gefahr besteht oder es Anzeichen dafür gibt, dass die Wälzlager magnetisch aufgeladen sind, sollten sie mit einem geeigneten Entmagnetisierungsgerät behandelt werden, noch bevor die Schutzverpackung entfernt wird.
Ein Faktor, den man auch berücksichtigen sollte, wenn es um die Reinheitsgrundsätze bei der Wälzlagermontage geht, ist das Oberflächenmaterial der Werkbank bzw. der Arbeitsfläche. Lackiertes Metall ist hier nicht vorteilhaft, weil es abplatzen oder Rost ansetzen kann. Kunststoffbeschichtete Oberflächen sind in den meisten Fällen eine gute Wahl, weil sie leicht zu reinigen sind. Außerdem sollte jeder Arbeitsplatz, an dem Wälzlager montiert werden, gut ausgerüstet sein mit sauberen, gratfreien Werkzeugen die für die jeweilige Aufgabe entwickelt wurden. Diese Werkzeuge sollten weder lackiert noch verchromt sein, weil beide Arten der Oberflächenbeschichtung eine potenzielle Quelle für Verunreinigungen sind, die in das Lager eindringen und seine Lebensdauer beeinträchtigen können.
Die Forderung nach gratfreien und sauberen Komponenten gilt auch für alle Teile, die im weiteren Sinne zur Lagerung gehören, zum Beispiel für das Innere der Gehäuse, in die die Lager eingebaut werden, und für die Lagersitze. Beide Bereiche sollten ebenfalls sehr gründlich gereinigt werden, bevor man das Wälzlager einbaut. Diese Grundsätze gelten sowohl für die Erstausrüstung, d.h. für die werksseitige Montage von Wälzlagern in neuen Maschinen und Antrieben, als auch für den „Retrofit“, d.h. für den Austausch von Wälzlagern in bestehenden Maschinen und Anlagen.